Promiskuität.

Nummer 1: Augenkontakt – Kribbeln im Bauch. Sanfte Berührung – Gänsehaut. Deine Finger gleiten über meinen nackten Rücken und ich fühle mich zu Haus. Dein Lachen wird zu meinem Lachen. Deine Blicke sprechen mir aus dem Herzen. Deine Worte aus meiner Seele. Keine Ahnung, was das ist, bin ich verliebt? Vielleicht? Ich denke ständig an dich, was du so machst, was du fühlst, ob du weinst oder lachst, ob du wohl auch mal an mich denkst? Es sind viele viele Gedanken in meinem Kopf, die ineinander wurzeln, sich verknoten und ein unentwirrbares Gestrüpp aus offenen Fragen bilden. Du verlässt mich nur kurz, und jeder geht seinen Weg. Du lässt mich zurück mit zu vielen Gefühlen, zu vielen Gedanken und im Endeffekt sind es Kopfschmerzen, die ich nie wieder haben wollte. Die Sehnsucht nach dir lässt mich vergessen, dass ich eine alte Liebe noch nicht verarbeitet habe. 

 

 

Nummer 2: Drei Tage später. Die Sonne scheint. Ich lerne dich kennen, sehe dich, will dich und lasse nicht locker, bis du dich mir hingibst. Du bist blind auf meine Falle zugelaufen und bist hineingetappt. Ich sehe dich nicht als Mensch, als Persönlichkeit mit Gefühlen und Gedanken. Seit dem Moment, in dem ich dich zum ersten Mal gesehen habe, warst du meine Beute. Wie eine Raubkatze habe ich dich beobachtet und den richtigen Moment abgewartet, bis du erst mit deinem Schwanz, dann Kopf, dann Herzen an mich denken musstest. Du schreibst mir: „Guten Morgen. Na du? 😊“ Jetzt muss ich dich nur noch vollständig erlegen und ausbluten lassen. Dass ich dich wirklich rumbekommen habe, pusht mein Ego in eine andere Sphäre. Das Selbstbewusstsein, das ich dadurch bekomme, lässt mich meine Angst vergessen, nie ernsthaft geliebt zu werden. 

 

Nummer 3: Weitere Tage später, in derselben Woche. Wir haben uns durch Zufall kennengelernt und irgendwie, ja, wie soll ich sagen, perfect match. Erst habe ich dich nicht so wahrgenommen, eher als Freund vielleicht. Dein liebenswerter Blick mit deinen treuen blauen Augen hat mich überzeugt. Unser erster Kuss, ganz zärtlich, fast schon keusch. Mein Herz geht auf, ich passe mich deiner Energie an, umschließe deine Hand mit meinen Fingern und versinke in deinen Armen. Du hältst mich, als wäre ich das Wertvollste auf dieser Erde. Wir kennen uns seit ein paar Stunden und doch fühlen wir uns verbunden. Deine Berührung erinnert mich daran, wie es ist, ein Stück Himmel in sich zu tragen. Deine Umarmung lässt mich vergessen, dass ich glaube, niemals wieder jemandem vertrauen zu können. 

 

Nummer 4: Eine weitere Woche später. Wenn wir beide uns unterhalten, scheint die Zeit im Flug zu vergehen. Wenn wir uns ansehen, bleibt sie stehen. Diese Spannung ist kaum auszuhalten, ich spüre sie, du spürst sie, doch keiner reagiert darauf. Jedes Mal, wenn du deine Hand auf meine Schulter legst, zuckt etwas in mir zusammen. Ich wünschte, du würdest mich einfach rumdrehen, zu dir ziehen und mich küssen. Die Luft zwischen uns wird dünner, so dünn, dass mir der Atem stockt, wenn ich dir zu nahekomme. Heute geht es nicht mehr. Ich fasse meinen ganzen Mut zusammen und drücke meine Lippen auf deine, du erwiderst den Kuss und wir atmen beide tief aus, als hätten wir seit wir uns kennen die Luft angehalten. Das ist einer dieser perfekten Momente, die mich vergessen lassen, dass ich mit einem gebrochenen Herzen durch die Welt laufe. 

 

Nummer 5: Am gleichen Tag. Ich schlendere durch die Gegend, mein Lächeln strahlt der Sonne entgegen und ich habe noch immer Schmetterlinge im Bauch. Du kreuzt meinen Weg, rempelst mich versehentlich an und nimmst die Sonnenbrille ab. In dem Moment, in dem wir uns in die Augen sehen, fallen alle Gefühle von eben einfach von mir. Als hätte der kühle Wind den rosa Schleier einfach entführt und verweht. Dein linker Mundwinkel zieht leicht nach oben und dein Blick reißt mir die Klamotten vom Leib. Mein Gehirn verflüssigt sich innerhalb von Sekunden zu Brei und meine Gedanken werden immer mehr von meiner Lust übernommen. „Hi was geht?“ – „Hi, nicht viel und bei dir?“ Es dauert zehn Minuten bis zu unserem ersten Kuss. Fünfzehn Minuten, bis deine Hand in meinen Schritt wandert und ab da nochmal eine halbe Stunde, bis ich auf dir sitze und dich an den Haaren an meine Brust ziehe. Wir reden nicht, wir denken nicht, wir fühlen nur. Spüren, wie sich unsere Körper vereinigen und zu einem werden. Der Orgasmus lässt mich vergessen, dass ich in Wirklichkeit sehr einsam bin. 

 

Habe ich die Fähigkeit, mich ständig auf neue Menschen einzulassen, oder bin ich komplett unfähig, mich überhaupt auf irgendjemanden einzulassen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich das brauche, um zu vergessen.