Befriedigung.

Zum ersten Mal sehen wir uns in einem kleinen Buchladen, nahe der Innenstadt. Ich bin auf der Suche nach einem neuen Liebesroman, denn irgendwie stehe ich darauf, mich an einsamen Abenden, in fiktives Glück fiktiver Charaktere rein zu steigern. Das ist die Einzige Vorstellung von Romantik, die ich habe. Deine Blicke durchbohren mich förmlich, ich schenke dir ein halbes Lächeln, um dir zu signalisieren, dass ich dich bemerkt habe. Du sagst „Hey“, ich sag „Hi“. Wir tauschen Nummern aus. Du musst los. Ich muss los.

 

Für unser erstes Date verabreden wir uns an einem Donnerstagabend. Wir haben beide nichts Besseres vor. Das Gespräch verläuft schleppend unsere Themen überschreiten nicht einmal die Grenzen des Smalltalks. Wir haben kaum Gemeinsamkeiten. Ich erzähle viel über meine Hobbies und Länder die ich bereist habe, zeige Fotos von meinem Hund. Typische Date Gespräche eben. Du stellst kaum Fragen. Mein Leben interessiert dich nicht. Ich interessiere dich auch nicht wirklich. Wir gehen zu dir.

 

In deiner Wohnung gibst du mir eine kleine Führung durch dein Reich, wie du es nennst. Du erzählst, dass du dir erst kürzlich eine neue Spülmaschine gekauft hast und mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis sehr zufrieden bist. Nach außen wirke ich fasziniert, nebenbei fülle ich mich selbst ab.

Zwischen unserem ersten Kuss und dem Moment, in dem du in mich eindringst, vergehen circa 8 Minuten. Es geht alles wahnsinnig schnell, aber ich merke wie geil es dich macht, tatsächlich mal einen One-Night-Stand zu haben. Das und der Vodka machen mich wiederum geil.

Währenddessen bemühe ich mich ernsthaft meinen Kopf abzuschalten und mich auf dich zu konzentrieren. Du versuchst wiederum deinen Kopf abzuschalten, um dich auf das Nacktbild deiner Exfreundin zu konzentrieren, das sie dir vor einem Jahr geschickt hat.

So langsam hab ich keinen Bock mehr. Keiner von uns ist bei der Sache, er geht hoch und runter und hoch und wieder runter. Ich will es nur noch hinter mich bringen.

Über die Couchlehne gebeugt, lasse ich mich von hinten nehmen und stöhne halbherzig, bis du kommst. Wir geben uns noch einen Kuss, dann zieh ich mich an, du ziehst dich an. Wir vermeiden Blickkontakt. Anstandshalber rauchen wir noch eine zusammen, bevor ich gehe. Es ist 22:30 Uhr, als ich deine Wohnung verlasse und zur Bushaltestelle laufe.

 

Zu Hause angekommen, gehe ich duschen und wasche mich unter kochend heißem Wasser. Immer und immer wieder, bis ich der Meinung bin, jeglichen Körperkontakt mit dir abgewaschen zu haben. Das Brennen auf meiner Haut, fühlt sich wohltuend, ja fast schon befreiend an.

Kurze Zeit später sehe ich auf meinem Handy eine Nachricht von dir. Du bedankst dich für den tollen Abend, sollten wir auf jeden Fall mal wiederholen. Klar.

 

Allein auf der Couch, lese ich in meinem neuen Buch und trinke weiter, in der Hoffnung mich morgen nicht mehr an den heutigen Abend erinnern zu können. In der Hoffnung mich an dich nicht mehr erinnern zu können.