Für Mama.

An der kalten weißen Wand

fest gekettet an ihrer kleinen Hand,

mit warmen Tränen auf den Wangen,

muss sie um ihr Leben bangen.

Das Atmen fällt ihr schwer,

doch die Gedanken sind leer.

  

Sieht sie ihm in die Augen,

kann sie an keine Hoffnung glauben.

Der eisige Blick spricht Bände

und sie wartet stumm auf das Ende.

Im Raum herrscht eine wahnsinnige Kälte.

 

Sie hebt den Kopf und sagt kein Wort,

traut sich nicht,

hat Angst vor dem Tod.

Verstummte Schreie,

heiße Tränen,

kann nicht fliehn, kann nicht rennen,

Notausgang gibt es keinen.

 

Er schlägt zu, sieht sie dabei nicht an,

empfindet weder Mitgefühl noch Scham.

Dann flüstert er ihr leise ins Ohr:

„Drei Mal darfst du raten,

ich hab was Besonderes mit dir vor.“

Wehrlos lässt sie es über sich ergehen,

 denn es ist nicht das Erste Mal,

dass sich andere an ihr vergehen.

 

Schließt sie die Augen,

dann sitzt sie im Traum

auf einem hohen Kirschbaum

und genießt ihre Kindheit

unbeschwert in Freiheit.

 


 Laut Polizeilicher Kriminalstatistik gab es 2019 etwas mehr als 4.000 Fälle von Kindesmisshandlung – ähnlich viel wie im Vorjahr. Vermehrt kam es jedoch zu sexueller Gewalt an Kindern. Hier verzeichnet die Statistik knapp 16.000 Fälle und damit über 1.300 mehr als 2018. Noch stärker angestiegen sind die Fälle von Kinderpornografie: Die Zahl der polizeilich erfassten Delikte in diesem Bereich erhöhte sich um etwa 65 Prozent auf mehr als 12.200.“ (Web: Bundesregierung. 11.05.2020. URL: Zahlen zu Kindesmissbrauch (bundesregierung.de) ).

 

Hinter jeder einzelnen dieser plumpen und dennoch schockierenden Zahlen steckt ein Leben das gebrochen wurde, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Es handelt sich um unschuldige, noch nicht gereifte Persönlichkeiten, denen die Chance auf eine kindgerechte und gesunde Entwicklung genommen wurde. Einfach so.

 

Dies sind allerdings nur die erfassten Zahlen. Die Dunkelziffer ist weitaus höher und das schlimmste daran: sie bleibt dunkel. Kindesmisshandlung ist ein schwerwiegendes Thema, das als Tabu deklariert und sowohl aus dem öffentlichen als auch privaten Diskurs verbannt wurde, …falls es überhaupt jemals Thema war. Es liegt auf der Hand, dass es kein Gespräch ist, das man mal eben nebenbei führt, aber es muss darüber gesprochen werden!

Ihr denkt euren Kindern kann und wird das nicht passieren? Findet es heraus. Stellt diese eine unangenehme Frage, vor deren ehrlicher Antwort ihr euch fürchtet. Wie sollen sich Kinder öffnen und so etwas Beschämendes ansprechen, wenn es sogar den Eltern peinlich ist?

Es gibt einige pädagogische Ansätze wie man kindgerecht über den eigenen Körper und dessen Grenzen sprechen kann. Das Wichtigste ist, dass ein Kind vermittelt bekommt alles ansprechen zu können und dabei ernst genommen zu werden. Es ist Irrsinn Kinder vor dem Thema Sexualität schützen oder es verheimlichen zu wollen, dadurch entstehen nur Unsicherheiten und Schamgefühle, die ausgenutzt werden können. Nach dem Motto "die Leute im Film kuscheln nur."

 

Sowohl psychische und körperliche Misshandlung als auch sexueller Missbrauch dürfen kein totgeschwiegenes Tabu sein.

 

Nicht Zuhause, nicht in der Schule, nicht in der Politik und nicht in der Gesellschaft. Denn nur wenn es zum Tabu gemacht wird, bleiben ungerechtfertigte Schuld- und Schamgefühle bestehen.

 

„Nach den Worten des Chefs des Bundeskriminalamts, Holger Münch, spielt sich Kindesmissbrauch in den meisten Fällen "hinter verschlossenen Türen" ab. Aus diesem Grund muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Bekannt ist laut Münch, dass die Täter häufig aus "sozialen Nahbereichen" stammen, aus der Familie des Opfers, der weiteren Verwandtschaft. Die Täter kommen aus allen Schichten und Berufen, gelegentlich sind auch Frauen dabei."  (Web: Bundesregierung. 11.05.2020.) 

 

Es sind nicht irgendwelche Kinderficker in weißen Vans und fremden Kellern, vor denen man sich Sorgen machen muss. Es sind Freunde, Verwandte oder Bekannte der Familie, die Eltern der Freunde oder einfach der nette Familienvater von neben an. Menschen, die sich über Jahre hinweg das Vertrauen eines Kindes erschleichen und die gute Beziehung zu dessen Eltern als Druckmittel verwenden, um Unaussprechliches unausgesprochen zu halten.

Pädophilie spielt dabei nicht zwingend eine Rolle, in den meisten Fällen sind es frustrierte manipulative Menschen, die sich an der Machtausübung befriedigen, weil sie mit sich selbst und/ oder ihrem Leben unzufrieden sind. Und eigentlich immer sind es diejenigen, von denen man es nie erwartet hätte.

 

Brich das Schweigen oder lauf davon. Bist schließlich nicht du, der darunter leidet.